Meine erste Begegnung mit ihm und seiner Prosa gibt meinen Alpträumen bis heute Personal und Handlung, denen, die im Dunklen und bei halboffenen Augen geträumt werden: Aura – eine Novelle.
In einem alten Haus in Mexiko Stadt, in dem fast immer Nacht herrscht, weil es von allen Seiten mit Hochhäusern zugebaut worden ist, lebt eine alte Frau mit ihrer jungen Nichte. Ein Hauslehrer wird angestellt, um die Memoiren des 60 Jahre zuvor verstorbenen Ehemanns der Alten zu ordnen und neu zu schreiben – ein ehemaliger General der französischen Interventionstruppen in Mexiko. Im Hof des Hauses werden fremdartige Nachtschattengewächse gezüchtet, der Tisch wird stets für vier Personen eingedeckt, obwohl nur drei zu sehen sind, und schnell wird der Hauslehrer der jungen Nichte – Aura – hörig und besessen von der Vorstellung, sie aus den Fängen der Alten zu befreien. Zu spät bemerkt er, dass die junge nur eine Marionette der alten Aura ist, und am Ende, als es für eine Flucht längst zu spät ist, entdeckt er, dass auch er ein Teil des Zaubers ist oder immer war, als er in den Unterlagen des toten Generals 80 Jahre alte Fotos findet – von sich selbst.
Aura erzählt davon, dass wir nur in unserem Tagesbewusstsein zeitliche Wesen, in Wirklichkeit aber alles gleichzeitig sind: Alt und jung, hier und dort, schön und hässlich, krank und gesund, einsam oder mit anderen.
Carlos Fuentes ist tot.
Stopp alle Uhren. Kapp das Telefon
Gib dem Hund seine Knochen, damit er nicht bellt
Die Klaviere schweigen und die Trommel schlägt ihren dumpfen Ton
Jetzt – bring den Sarg heraus.
Lass Flieger hoch am Himmel jammernd kreisen
Und weiß auf blau die Nachricht schreiben: Er ist tot!
Die Tauben haben weißen Krepp um ihre Kragen,
Und lass die Straßenpolizisten schwarze Handschuh tragen:
Er ist tot.
(Nach W.H. Auden: Funeral Blues)